Portrait Maximilian von Montgelas
Seit dem 1. August 1996 trägt das Vilsbiburger Gymnasium den Namen "Maximilian-von-Montgelas-Gymnasium." Diese Namensverleihung, der eine höchst fachkundige und engagierte Diskussion im Lehrerkollegium, im Elternbeirat, in der Schülermitverantwortung und im Kreistag vorausgegangen war und die schließlich vom damaligen Bayerischen Staatsminister für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst, Hans Zehetmair, bestätigt wurde, hat einen sehr konkreten Grund: Maximilian Joseph von Montgelas (1759-1838) ist der Schöpfer des modernen Bayern.
Maximilian von Montgelas
Am 12. September 1759 erblickte der Sohn des aus Savoyen stammenden bayerischen Generals Janus Freiherr von Montgelas und der in Freising geborenen Ursula Gräfin Trauner in München das Licht der Welt. Montgelas, dessen Denken und Handeln von der französischen Aufklärung geprägt waren, studierte in Nancy, Straßburg und Ingolstadt. Der ungewöhnlich fähige Jurist war bis 1785 in Diensten des Kurfürsten Karl Theodor. Wie viele jüngere Beamte und Geistliche war er Mitglied des Illuminatenordens, von dem er sich bald distanzierte. Er wechselte an den Hof des Herzogs Karl von Pfalz-Zweibrücken und wurde nach dessen Tod ab 1796 wichtigster politischer Berater des neuen Herzogs Max, seit 1799 Kurfürst, später König von Bayern. Bereits 1796 hatte Montgelas in seinem "Ansbacher Mémoire" ein umfassendes Programm zur Neugestaltung Bayerns entworfen, das auch als "deutsche Menschenrechtserklärung" (Hans Pleschinski) gelten kann. 1799 ging Montgelas mit seinem Kurfürsten nach München, um Bayern als Außen-, später Innen- und dann auch als Finanzminister bis 1817, einen Ministerpräsidenten gab es noch nicht, nahezu unumschränkt zu regieren. Er war der "Idealtyp eines Verstandes-, Leistungs- und Willensmenschen" (Karl Bosl).
"Montgelas gehörte mit Metternich in Österreich, Hardenberg in Preußen und Reitzenstein in Baden zu der Handvoll überragender Politikergestalten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sieht man auf die Durchsetzung zeitgemäßer Reformen, war er wahrscheinlich der Erfolgreichste von allen. Er verschaffte der Politik der Durchsetzung rechtsstaatlich begrenzter Staatsouveränität und dem Höhepunkt des bayerischen Reformabsolutismus geradezu den Namen des 'System Montgelas'. Sein Werk besteht bis in die Gegenwart in den institutionellen Fundamenten des Bundeslandes Bayern weiter." (Wehler)
Der Außenpolitiker Montgelas
Zwischen 1801 bis 1816 erhielt Bayern im wesentlichen seine heutige äußere Gestalt und Größe. Im Innern wurde der Staat seit 1799 umfassend reformiert. In einer "Revolution von oben" erfolgte die Grundlegung des modernen Rechtsstaates - mit Gleichheit vor dem Gesetz, religiöser Toleranz und Pressefreiheit. Erste demokratische Ansätze waren erkennbar. Zu einem einheitlichen Wirtschaftssystem, einer Umgestaltung der Bildungslandschaft kam vor allem eine völlig neue Verwaltungsstruktur, auf deren Fundamenten der Freistaat Bayern bis heute ruht. Zwischen der Französischen Revolution und dem Wiener Kongreß veränderte sich die politische Landkarte Mitteleuropas grundlegend. Bayern wurde "viermal durch die Heere der sich bekämpfenden europäischen Parteien überschwemmt" (Eberhard Weis). Das Land drohte zwischen dem Frankreich Napoleons und Österreich zerrieben zu werden. Die Bewahrung der bayerischen Selbständigkeit, die erhebliche Vergrößerung des Staatsgebietes, die umfassenden inneren Reformen fielen in die Regierungszeit des Kurfürsten Max IV. Joseph, der sich als bayerischer König ab 1806 Max I. nannte. Dem Monarchen stand nach Michael Doeberl "in einem der kritischsten Augenblicke bayerischer Geschichte der fähigste Staatsmann zur Seite, der jemals die Geschicke Bayerns geleitet hat": sein leitender Minister Maximilian Joseph Freiherr (seit 1809 Graf) von Montgelas. Er kann als geistiger Vater und Schöpfer des modernen Bayern gelten.
Montgelas' Außenpolitik brachte Bayern (als Ersatz für die verlorenen linksrheinischen Gebiete) den Erwerb von über 230 bisher reichsunmittelbaren geistlichen und weltlichen Territorien (z. B. Hochstifte, Reichsabteien, Reichsstädte, Reichsritterschaften), später u. a. auch Ansbach und Bayreuth, 1816 kamen noch die linksrheinische Pfalz und Aschaffenburg dazu. Das bedeutete für Bayern eine Erweiterung von 61260 auf 75858 Quadratkilometer, von 1,9 auf 3,7 Millionen Einwohner. Montgelas gelang es, dieses Konglomerat in erstaunlich kurzer Zeit zu einem geschlossenen, modernen Staat mit einheitlichem Staatsbewußtsein und zu einer Verwaltungs- und Wirtschaftseinheit zusammenzufügen. Schon in Zweibrücken war Montgelas mit Tausch- und Annexionsplänen Österreichs konfrontiert worden. Während der napoleonischen Kriege war Bayern mehrfach in Gefahr, von der Landkarte zu verschwinden. 1805 plante Österreich die Annexion. Montgelas schloß daraufhin - auch auf preußischen Rat hin - ein Bündnis mit Frankreich. Als Bayern nach dem Rußland-Feldzug von 1812 erneut in große Gefahr geriet, rettete Montgelas 1813 durch den Vertrag von Ried mit Österreich, in dem man sich damit auch Rußland und Preußen annäherte, noch vor der Völkerschlacht bei Leipzig den Bestand und die Selbständigkeit des Staates. Die hohe Kunst der Diplomatie und die Meisterschaft im Abwarten und entschlossenen Ausnützen des günstigen historischen Augenblicks haben Bayern geholfen, diese schwierige Epoche, als Mittelstaat zwischen den Großmächten, vergleichsweise unversehrt, ohne freilich den hohen Blutzoll zu verharmlosen, zu überstehen.
Der Staatsreformer Montgelas
Trotz dieser beständigen äußeren Bedrohung führte Montgelas grundlegende Veränderungen durch, die ihn an die Seite eines Freiherrn vom Stein und Hardenbergs stellen. Das Land galt bisher gewissermaßen als Eigentum weltlicher und geistlicher Fürsten, war geprägt von zum Teil aus dem Mittelalter überkommenen Einrichtungen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, Bildungswesen und Infrastruktur. Schon 1792 hatte er eine "gerechtere Vertretung des Volkes, Ausweitung der wesentlichen Menschenrechte auf alle Klassen der Gesellschaft, gleiche Besteuerung ohne irgendwelche Ausnahmen" gefordert. Montgelas führte die Toleranz ein. Bei der Herstellung der vollen Gleichberechtigung der christlichen Konfessionen ging er "in einer für die anderen deutschen Staaten beispielhaften Weise" (E. Weis) vor. Schließlich verlieh das Edikt von 1813 den Juden Glaubensfreiheit und Indigenat. Montgelas schränkte die Vorrechte des Adels ein. Das bedeutete im einzelnen: gleicher Zugang zu den öffentlichen Ämtern für alle Bürger, Abbau der Steuerprivilegien, Einführung der allgemeinen, gleichen Steuerpflicht, Gleichheit aller vor dem Gesetz, Einfügung der niederen Gerichtsbarkeit des Adels in den Staat. Fast alle Reformen seit 1799 wurden in der Konstitution von 1808, dem ersten Beispiel für den "süddeutschen Konstitutionalismus", und in organischen Edikten verankert. Enthalten waren auch Pläne für eine Nationalrepräsentation, Ansätze zu einem Parlament mit noch geringer Machtbefugnis, das allerdings wegen der Kriegszeiten nicht zusammentrat. Des weiteren wurden die Reste an Leibeigenschaft abgeschafft, Eigentum und Sicherheit der Bürger garantiert, ein einheitliches, humaneres Strafrecht eingeführt, die Folter beseitigt, die Unabhängigkeit und Unabsetzbarkeit der Richter festgelegt, die allgemeine Wehrpflicht beschlossen, die Zensur aufgehoben und die Pressefreiheit gewährt. Montgelas gab dem Staat eine von Grund auf organisatorisch, rechtlich und personell neu gestaltete Verwaltung - vom Gesamtministerium bis zur Gemeinde. Aus der alten Dorfgemeinde wurde die politische Gemeinde. Allerdings war ein starker Trend zur Zentralisierung erkennbar. Vor allem für diese Verwaltung prägte Montgelas ein Beamtentum neuen Typs, vorbildlich für alle anderen deutschen Staaten. Das bedeutete Beendigung des Systems der Käuflichkeit, der Erblichkeit und der Pfründe. Es galten nunmehr: Rechtsanspruch einer festen Besoldung, genau festgelegte Vorbildung, Staatsprüfung, Qualifikation und Visitation, Auswahl und Beförderung nach Leistung und nicht nach Herkunft. Auch die Lehrkräfte wurden verbeamtet und ihre Rechtsstellung verbessert. Montgelas begann mit dem Aufbau eines modernen Schulwesens, schuf die Fundamente für das humanistische und das Realgymnasium. 1802/1803 wurde die allgemeine Schulpflicht für die Trivial- oder Volksschule sowie für die Sonn- und Feiertagsschule eingeführt. Montgelas förderte die Universitäten, holte die Ingolstädter Universität nach Landshut, an die Gelehrte wie der Theologe Johann Michael Sailer und die Juristen Anselm von Feuerbach und Friedrich Karl von Savigny berufen wurden. Die erste Landwirtschaftshochschule Deutschlands wurde gegründet. Dazu kamen die Neuorganisation und der Ausbau von Bibliotheken und Akademien, die Errichtung wissenschaftlicher Sammlungen und Archive.
Der Wirtschafts- und Sozialpolitiker Montgelas
Bayern erhielt noch vor Preußen und Österreich ein einheitliches Wirtschaftsgebiet. Die Binnenzölle wurden beseitigt. Mit ersten Schritten zur Gewerbefreiheit durch Aufhebung des Zunftzwanges und eine relativ liberale Gewerbeordnung unterstützte man das Handwerk. Maße, Gewichte und Münzen wurden vereinheitlicht. Die Förderung des Straßen- und Brückenbaus, der Salzgewinnung und der Technik allgemein dienten ebenfalls der Belebung des wirtschaftlichen Lebens, das Zeitalter der industriellen Revolution begann gerade. Montgelas führte die erste exakte Landvermessung durch, wichtigste Grundlage für die eindeutige Klärung der Eigentumsverhältnisse, Basis für die Arbeit der heutigen Grundbuch- und Vermessungsämter. Der Topographie und der Statistik galt sein besonderes Interesse. Die Post wurde verstaatlicht. Schließlich leitete er die Bauernbefreiung ein. Die Bauern konnten das Obereigentum am Hofe ablösen. Von den sozialen Maßnahmen ragen die Begründung der Landesbrandversicherung, die bahnbrechende Organisation eines staatlichen Medizinalwesens, die Regelung der Armen- und Krankenfürsorge heraus. Schließlich führte Bayern 1807 als erstes Land der Welt die Pockenschutzimpfung ein.
Montgelas und die Säkularisation
Von seinen Maßnahmen ist die Säkularisation der größten Kritik ausgesetzt; also die Beseitigung der staatlichen Herrschaft kirchlicher Würdenträger sowie die Enteignung und Verstaatlichung von Kirchengut. Die Säkularisation erfolgte auf Grund eines Reichsgesetzes, nämlich des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803. In allen Staaten des Reiches wurden damals die Klöster aufgehoben: Es wurde auch teilweise evangelischer Kirchenbesitz säkularisiert, in Preußen und Württemberg vor allem. Nur in Österreich wurden keine Klöster aufgehoben, Joseph II. hatte bereits im 18. Jahrhundert 800 Klöster aufgelöst. Es ist wahr, daß der Kurfürst und Montgelas voll hinter dieser Maßnahme standen. Bayern wurde sehr gründlich säkularisiert. Zu den ehemals reichsunmittelbaren Klöstern und Stiften kamen 91 nichtständische Klöster und 70 landständische Abteien und Kollegiatstifte, die aufgehoben wurden. "Wertvolle Kulturgüter und Kunstschätze wurden zerstört oder durch untergeordnete Beamte veruntreut." (E. Weis). Geistige und geistliche Zentren wurden aufgelöst. Der Staat wollte daraus finanziellen Gewinn erzielen, was aber im großen und ganzen mißlang.
Aber: Die Kirche war wie ein Staat im Staate. In Bayern besaßen die Klöster mehr als die Hälfte des Bodens, 56 Prozent der Bauern unterstanden ihnen. Mit den Klöstern wurde "die stärkste vormoderne, nichtstaatliche Machtbastion vernichtet und damit erst die Durchsetzung der Staatssouveränität, die Begründung des modernen Staates ermöglicht". (Thomas Nipperdey). Im 1991 erschienenen dritten Band des "Handbuchs der bayerischen Kirchengeschichte" stellt Winfried Müller fest: "Erst mit zunehmender zeitlicher Distanz wurde sie (die Säkularisation) nicht nur als das spektakuläre und gewalttätige Ende einer alten Ordnung, sondern auch als Chance für einen positiven Neuanfang erkannt. So wird mittlerweile die mit der Aufhebung der geistlichen Staaten einhergehende Entflechtung von weltlichem Herrschertum und Bischofsamt allgemein als positives Resultat der Säkularisation gewürdigt. Die hohen Kirchenämter wurden dadurch ja den dynastischen Interessen entzogen, verloren ihren Versorgungscharakter für den hohen Adel und konnten fortan nach Fähigkeiten und Leistung vergeben werden." Die Kirche wurde auf ihre Funktion als geistliche Institution zurückgedrängt, auf ihre "ureigenste Stellung als Magd und Mutter" (Pater Romuald Bauerreiß OSB).
Montgelas hat den Besitz der Pfarreien nicht angetastet. Das Netz der Pfarreien wurde unter ihm dichter gestaltet, die Ausbildung des Klerus verbessert, der Pfarrkonkurs eingeführt. Die Ortsgeistlichen behielten bis 1918 die lokale Schulaufsicht. Montgelas persönlich trennte sich nie von der Kirche (E. Weis). Er hat die weltliche Macht der Amtskirche bekämpft und sie strengen staatlichen Regeln unterworfen. Urkunden, Akten, Handschriften, Bücher, Kunstschätze, naturwissenschaftliche Sammlungen aus den aufgelösten Klöstern wurden in München zentral gesammelt, damit auch öffentlich der Forschung zugänglich gemacht.
Der Verfassungsreformer Montgelas
Die Verfassung von 1818 konnte Montgelas nur noch vorbereiten. Es gab Meinungsverschiedenheiten darüber, wohl auch über die künftige Politik im Verhältnis zum Deutschen Bund, Montgelas wollte die volle Souveränität Bayerns bestehen lassen, was einen Austritt aus dem Deutschen Bund nicht ausschloß. Das widersprach vor allem der Linie des Kronprinzen Ludwig. Nach einer gesundheitlichen Krise und Lähmung seiner Aktivität fiel er einer Verschwörung, an deren Spitze der Kronprinz stand, zum Opfer. Am 2. Februar 1817 wurde Montgelas vom König entlassen. Der österreichische Staatskanzler Fürst Metternich erklärte dazu: "Man muß zugeben, daß Bayern während der letzten zehn Jahre eine religiöse, politische, bürgerliche und militärische Revolution erlebt und glücklich überstanden hat. Das ist die einzige Nation, die Mut und Ausdauer gezeigt hat; alle Welt muß sie achten und sollte ihrem Beispiel folgen."
Der Schulreformer Montgelas
Bereits in seinem Ansbacher Mémoire von 1796 hatte Montgelas Reformen im Bildungs- und Schulbereich gefordert, denn: "Es ist heute erwiesen, daß es die grobe Unwissenheit der Völker ist und nicht die vernünftige und dem Stand eines jeden entsprechende Bildung, die man ihnen vermittelt, welche Revolutionen hervorruft und Reiche umstürzt. Je aufgeklärter die Menschen sind, umso mehr lieben sie ihre Pflichten und umso mehr halten sie an der Regierung fest, die sich wirklich um ihr Glück kümmert."
Universitäten und Schulen wurden in seiner Epoche grundlegend reformiert. Bis zum 18. Jahrhundert hatte sich das Schulwesen in Bayern vor allem auf Initiative der Kirche entwickelt, unter deren Leitung es stand. Niedere Stadt- und Landschulen vermittelten die Elementarkenntnisse. Die altbayerischen Lateinschulen (vielfach auch als Mittelschulen bezeichnet) standen bis zum Jahre 1773 unter starkem Einfluß des Jesuitenordens und dienten vor allem dem klerikalen Nachwuchs. Die Regierung übernahm die Schulen - der Jesuitenorden war 1773 verboten worden - mußte aber aus Mangel an Gymnasiallehrern viele Exjesuiten weiter als Lehrer beschäftigen. Die Realschule als Zwischenstufe zwischen niederer und Lateinschule wurde kurzzeitig in Bayern eingeführt. Zwischen Lateinschule und Universität gab es die Lyzeen, an denen hauptsächlich theologische und philosophische Kurse angeboten wurden. Die Landesuniversität befand sich in Ingolstadt. In der Residenzstadt München war 1759 die Akademie der Wissenschaften gegründet worden, eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung.
Größere Reformversuche des Schulwesens nach den Zielen der Aufklärung waren allerdings gescheitert. Die Einführung der Schulpflicht 1771 blieb beim guten Vorsatz. Montgelas kam 1799 mit Kurfürst Maximilian Joseph nach Bayern. Sofort im ersten Jahr des Regierungsantritts begann er, die Schulen verstärkt unter behördliche Aufsicht zu nehmen. Bis 1802 noch übte im Grundsatz der Geistliche Rat die Oberaufsicht über das Schulwesen aus. Dann folgte offiziell die staatliche Schulaufsicht. Sie gelangte über verschiedene Zwischenstufen schließlich an eine 1808 eigens beim Innenministerium eingerichtete Abteilung. Von ihr gingen auch die Grundsätze der Bildungspolitik aus, an denen sich der öffentliche Unterricht zu orientieren hatte.
Vorerst wollte man im Sinne der Spätaufklärung die Elementarschulen verbessern. Damit sollten die Voraussetzungen für eine Modernisierung der Gesellschaft geschaffen und auch die neugewonnenen Landesteile integriert werden. Letztlich wollte man auch das unter ordensgeistlicher Leitung stehende Lateinschulwesen zurückdrängen und eine mehr an Berufserfordernissen orientierte Realschulbildung fördern. Schließlich aber hatte die Säkularisation auch das klösterliche Schulwesen erheblich beeinträchtigt. Es wurden viele Schulen geschlossen. Der Staat mußte an deren Stelle treten.
Am 23. Dezember 1802 wurde die allgemeine Schulpflicht in Bayern eingeführt. Das betraf die Kinder zwischen dem sechsten und dem zwölften Lebensjahr. Die Eltern mußten für jedes schulpflichtige Kind Schulgeld zahlen, der Schulbesuch der Kinder wurde überwacht. Der erfolgreiche Abschluß der Schulzeit war Voraussetzung für die Aufnahme in eine Handwerkslehre sowie für Heirat und Übernahme eines Gutes. Es mangelte bis dahin bei den Elementarschulen an der Ausbildung und Bezahlung der Lehrer, an einem gesicherten Unterhalt der Schulen und besonders auf dem Land am Schulbesuch der Kinder, die weite Wege zu bewältigen hatten und häufig in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Obwohl man Geldstrafen androhte, blieb der Schulbesuch auch nach der Verordnung von 1802 sehr lückenhaft. An die sechsjährige Volksschule wurde 1803 die Sonn- und Feiertagsschule angeschlossen.
Ab 1803 erhielten die Volksschullehrer Lehrpläne und pädagogische Instruktionen, wurden in Lehrerbildungsanstalten ausgebildet. Der Abschluß eines solchen Seminars wurde jedoch erst 1823 Voraussetzung zur Übernahme in den Schuldienst. Die Ortsgeistlichen blieben Lokalschulinspektoren. Die verbesserte Ausbildung der Pfarrer, die Einführung des Pfarrkonkurses und eine dichtere Ausgestaltung des Netzes der Pfarreien kamen auch der Qualität der Lokalschulinspektion zugute.
Die höheren Schulen hatten sich 1799 zunächst an der philanthropisch-utilitaristischen Bildungsidee auszurichten. Das bedeutete Bevorzugung der Realschulbildung. Für Handwerk und Gewerbe standen praktisch ausgebildete Fachkräfte nur in geringer Zahl zur Verfügung.
Der Lehrplan von 1804 förderte sachorientierte Bildung und faßte das bayerische Schulsystem in eine Einheitsschule mit insgesamt 12 Schuljahren zusammen, von welchen die ersten neun hauptsächlich Elementar- und Sachwissen vermitteln und nur die letzten drei der Vorbereitung eines Studiums an der Universität dienen sollten. Bemerkenswert dabei ist, daß der Zugang nach der Leistung und nicht nach der Standeszugehörigkeit geregelt wurde. Federführend waren vor allem Joseph Wismayr und Kajetan Weller. Aufbauend auf drei Jahre Elementarschule folgte die Realschule für die Neun- bis Zwölfjährigen, wo unter anderem Sachfächer wie Geschichte, Geographie, Naturgeschichte, Naturlehre und sogar Technologie unterrichtet wurden. Für diese radikale Umstellung waren die Lehrer kaum gerüstet. Später wurde den alten Sprachen wieder mehr Raum gegeben. Die Neuhumanisten unter Friedrich Immanuel Niethammer wandten sich gegen dieses System. Niethammers "Allgem. Normativ der Errichtung der öffentlichen Unterrichtsanstalten in dem Königreich" vom 03.11.1808 wurde nunmehr maßgebend. Das bedeutete die Einführung eines dreigliedrigen Schulsystems mit weitgehender Durchlässigkeit. Niethammer hielt den Gegensatz von Allgemein- und Berufsbildung für vordergründig. Das mittlere Bildungswesen, in dem nicht nur die Realschulen, sondern auch die Gymnasien zu Studienanstalten zusammengefaßt wurden, sollte als "Anstalt freier Bildung" auch die grundlegenden Elemente der Berufsbildung enthalten, die sich allerdings nicht in Ausbildung und Fertigkeiten erschöpfen durfte.
1809 wurde eine einheitliche Abschlußprüfung als Aufnahmebedingung für Universität oder Lyzeum vorgeschrieben. Ins gleiche Jahr fiel die Einführung einer staatlichen Prüfungsordnung für Gymnasiallehrer, die erste in Deutschland überhaupt. Das ist das Geburtsjahr des bayerischen Gymnasiallehrers. Stoff der mündlichen und schriftlichen Prüfung waren vor allem die alten Sprachen, aber auch Philosophie, Geschichte, Archäologie, klassische deutsche Literatur, Mathematik und Naturwissenschaften. Die Prädikate reichten von "vorzüglich" über "gut", "nothdürftig", "schwach" bis "untüchtig". Jeder Prüfling mußte einen moralisch tadellosen Charakter besitzen und einen einwandfreien Lebenswandel führen. Beides war mit Zeugnis zu belegen. Die Lehrer an Gymnasien, Realschulen und Lyzeen wurden 1810 in den Beamtenstatus übernommen. 1816 wurde die Schulorganisation von 1808 bereits wieder reformiert.
Die Ingolstädter Universität wurde - bedingt durch Kriegshandlungen - 1800 nach Landshut verlegt. Es wird vermutet, daß man sie auch dem Einfluß des Eichstätter Bischofs entziehen wollte. Finanzielle Ausstattung, Berufungspraxis und Personalpolitik handhabte man jetzt großzügiger. Man berief hervorragende Gelehrte, wie z. B. Johann Michael Sailer. Viele durch Mediatisierung und Säkularisation an Bayern gelangte Hochschulen wurden allerdings aufgelöst oder zu Lyzeen herabgestuft. Ausnahmen bildeten Erlangen und Würzburg.
Auch in der Bildungs- und Schulpolitik hatte Bayern die neuen Landesteile zu integrieren. Vor allem war Bayern ein konfessionell paritätischer Staat geworden, mit 23,8 Prozent Protestanten. So erhielt die Akademie der Wissenschaften eine neue Konstitution mit weitgehender Forschungsfreiheit, ohne konfessionelle oder landsmannschaftliche Festlegung bei der Berufung. 1808 wurde die Akademie der Bildenden Künste eingerichtet. Ein besonderes Augenmerk legte Montgelas auch auf die Förderung des Archivwesens. Ein zentrales Element von Bildungspolitik im allgemeinen Sinne bedeutete auch die Lockerung der Presse- und Zensurgesetze, die zeitweise Einführung der Pressefreiheit.
Montgelas' Zeit im Raum Vilsbiburg
Im Jahre 1803 hatte Montgelas Ernestine Rupertina Walburga Gräfin von Arco (1779 - 1820) geehelicht. Dieser Ehe entstammten acht Kinder.
Am 30.12.1833 erwarb er durch Kauf für 107 100 Gulden von Max Freiherr von Lerchenfeld Egglkofen (heute Landkreis Mühldorf am Inn), seit 1820 Patrimonialgericht 2. Klasse, dann Fideikommiß. 1833 wurden die ehemaligen Hofmarken Gerzen und Aham (heute Landkreis Landshut) zusammen mit Mangern, Johannesbrunn und Loizenkirchen von Karl Lorenz Ritter und Edler Mayer von Mayerfeld angekauft. Montgelas verstarb am 14. Juni 1838 in seinem Münchner Palais. Am 16. Juni wurde der Leichnam feierlich nach Aham geleitet. In der Gruft der Schloßkapelle von Aham fand er seinem eigenen Wunsch gemäß die letzte Ruhestätte. Die Nachfolge des Vaters als Fideikommißherr auf Egglkofen (mit zugehörigen Besitzungen) hatte der älteste Sohn Maximilian Joseph Philipp (1807 - 1870) angetreten.
Gerzen und Egglkofen sind bis heute im Besitz der unmittelbaren Nachfahren des bedeutenden bayerischen Staatsmannes.
(Verfasser: Martin Hobmeier, Oberstudiendirektor a.D., Loiching)
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