Ostern am MMG
Gesang, Hören, Stille, Gemeinschaft – diese vier Begriffe umschreiben gut, was ein Taizégebet ausmacht. Am Freitag vor den Osterferien waren die Schülerinnen und Schüler des MMG von den Fachschaften evangelische und katholische Religionslehre zu dieser besonderen Gebetsform eingeladen.
Sie geht zurück auf den Schweizer Pfarrer Roger Schutz, der 1942 in dem kleinen abgelegenen Bergdorf Taizé in Frankreich eine ökumenische Ordensgemeinschaft gründete. Er wollte zusammen mit seinen Ordensbrüdern einen Ort schaffen, an dem Jugendliche der verschiedenen christlichen Konfessionen zusammentreffen können, um gemeinsam über ihren Glauben nachzudenken, ihren Zweifeln Raum zu geben, miteinander über die Zukunft zu diskutieren, einander kennenzulernen und Versöhnung zu leben. Bis heute kommen jährlich Zehntausende Jugendliche aus allen Ländern der Welt nach Taizé, um dort mithilfe dieser speziellen Andachtsform Ruhe zu finden und Gott zu suchen.
Unter dem Motto „Grenzen überwinden“ hatten auch die Schülerinnen und Schüler des MMG die Gelegenheit, in einer Taizéandacht der Botschaft von Ostern nachzuspüren. Dazu trafen wir uns in dem mit vielen Kerzen stimmungsvoll dekorierten Vortragsraum der Bibliothek, und saßen, wie bei Taizéandachten üblich, auf Decken am Boden. Ein Taizégebet zeichnet sich dadurch aus, dass niemand vorne steht, sondern der Blick sich einzig auf das große stehende Kreuz in der Mitte fokussieren kann, das bei uns mit vielen Lichtern und Blumen geschmückt war. Neben verschiedenen Bibeltexten und kurzen Auslegungen steht vor allem der Gesang im Zentrum einer solchen Andacht. Die sanften und eingängigen Melodien werden dabei mehrmals wiederholt, um ruhig zu werden und über den Text nachdenken zu können.
Dabei nahmen unsere Lieder und Texte in den Blick, dass wir Menschen in unserem Leben oft an Grenzen stoßen. Wir erfahren die Grenzen des Fortschritts, die Grenzen der natürlichen Ressourcen, Barrieren in den Köpfen und Herzen der Menschen, aber oft auch die Unerreichbarkeit unserer eigenen Ansprüche. Und letztlich müssen wir Menschen auch immer wieder fassungslos die Grenze des Todes wahrnehmen, sei es durch die Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt, sei es durch den Tod von lieben Menschen oder die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit.
Demgegenüber wurde die Ostererzählung aus dem Markusevangelium vorgelesen, in der die Frauen, die das Grab Jesu besuchen wollten, die Erfahrung machten, dass der große und unüberwindbare Stein vor dem Grab, der Grenzstein zwischen Leben und Tod, bereits weggewälzt war.
Damit hat Gott die letzte Grenze überwunden und zeigt uns: Das Leben ist stärker als der Tod. Die Liebe ist größer als Hass und Bosheit. Das Licht der Ostersonne überwindet die Finsternis von Angst, Leid und Tod. So können auch wir darauf vertrauen: Mit unserem Gott können wir Mauern überspringen, mutig gegen Barrieren in den Köpfen und Herzen eintreten, Versöhnung wagen, einander verzeihen, uns als freie Menschen entfalten. Dann geschieht Auferstehung auch schon in Hier und Heute.
Gestärkt mit dieser Botschaft konnten die Schülerinnen und Schüler dann in die Osterferien entlassen werden. Wir freuten uns sehr, dass fast 400 Schülerinnen und Schüler der Einladung zum Taizégebet gefolgt waren, sodass die Andacht sogar vier Mal gefeiert werden konnte. Trotz der recht großen Gruppen waren alle Schülerinnen und Schüler sehr konzentriert dabei und ließen sich auf die ruhige Atmosphäre ein. Danke dafür!
Herzlichen Dank auch an Frau Schwarz, die mit ihren Schülerinnen und Schülern die musikalische Gestaltung der Andacht so wunderbar übernahm, und an Frau Lass und Frau Beringer, die aus alten Kopierpapierschachteln einestilisierte „Grenzmauer“ und damit einen kunstvollen Rahmen für das Kreuz zauberten.
Astrid Hamann und Elisabeth Raith, März 2024